Logisches Ergebnis des Gerichtsverfahrens
Der Europäische Gerichtshof sah in der belgischen Regelung erwartungsgemäß eine Ungleichbehandlung. Belgien argumentierte, dass die Verpflichtung, ausländischen Empfängern einen Steuerbeleg auszustellen, dem anderen Staat hilft, Steuerprüfungen durchzuführen und zu überprüfen, ob der Steuerpflichtige alle seine Einkünfte erklärt hat. Der Europäische Gerichtshof teilte diese Auffassung nicht und vertrat die Auffassung, dass die administrative Toleranz für Zahlungen an belgische Empfänger auf der Annahme beruht, dass das Risiko eines Steuerbetrugs für Dienstleistungserbringer, die dem belgischen Rechnungslegungsrecht unterliegen und zur Ausstellung von Rechnungen für die Umsatzsteuer verpflichtet sind, geringer ist als für Steuerzahler, die diesen Verpflichtungen nicht unterliegen. Das Rechnungslegungsrecht und die Umsatzsteuer sind jedoch innerhalb der Europäischen Union weitgehend harmonisiert, weshalb Dienstleister mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten und solche mit Sitz in Belgien vergleichbaren Verpflichtungen unterliegen. Die Ausstellung von Steuerbelegen wird eindeutig nicht als notwendig erachtet, um den belgischen Steuerbehörden die Durchführung ihrer Steuerprüfungen zu ermöglichen. Folglich sind die in den Steuerbelegen enthaltenen Informationen für die Steuerbehörden der anderen Mitgliedstaaten nicht unerlässlich, um die Steuererklärungen der in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Dienstleistungserbringer zu prüfen.
Schließlich stellt der Europäische Gerichtshof klar - und sehr allgemein - fest, dass die mögliche Sonderveranlagung von geheimen Provisionen eine unverhältnismäßige Strafe darstellt, zumal diese Strafe auch verhängt werden kann, wenn die Einkünfte noch beim ausländischen Empfänger besteuert werden.
Anpassung der belgischen Gesetzgebung
Der belgische Gesetzgeber hat diese Verurteilung vorweggenommen und in einem Gesetz vom 21. Januar 2022 "mit verschiedenen steuerlichen Bestimmungen" die Verpflichtung zur Ausstellung von Steuerbelegen (Steuerformulare 281.50 und 325.50) abgeschafft, wenn die beabsichtigten Ausgaben mit Lieferungen oder Dienstleistungen zusammenhängen, die von einem im EWR (EU und Island, Norwegen und Liechtenstein) ansässigen Steuerpflichtigen getätigt werden. Für diese Umsätze besteht jedoch nach wie vor eine gesetzliche oder behördliche Verpflichtung zur Ausstellung einer "Rechnung oder eines an deren Stelle tretenden Dokuments".
Die neue gesetzliche Regelung gilt für Provisionen, Gebühren,… die ab dem 1. Januar 2021 gezahlt werden. Daher ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht unbedingt für die Zukunft relevant, kann aber für mögliche Rechtsstreitigkeiten über frühere Zahlungen relevant bleiben.
Rik Smet - Associate (rik.smet@tiberghien.com)
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Markus Fort - Associate (markus.fort@tiberghien.com)