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Dienstag, 12 Juli 2022

"ATAD 3"-Update: (Wahrscheinlich) etwas mehr Zeit zur Vorbereitung und zur Vermeidung aufwändiger Compliance-Verpflichtungen für Unternehmen im Geltungsbereich

Ende letzten Jahres veröffentlichte die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag zur "Bekämpfung des Missbrauchs von Briefkastenfirmen zu Steuerzwecken" (siehe den folgenden link). Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments hat nun einen Berichtsentwurf mit Änderungsvorschlägen zum ursprünglichen Vorschlag veröffentlicht.

Die wichtigste Änderung betrifft den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie. Während der ursprüngliche Vorschlag ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2024 vorsah, wird im Berichtsentwurf ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2025 vorgeschlagen.

Auch wenn die Richtlinie erst 2025 in Kraft treten würde, wären die Jahre 2023 und 2024 relevant. Die Richtlinie berücksichtigt nämlich die vorangegangenen zwei Jahre, um festzustellen, ob die "Gateways" erfüllt sind. Derzeit wird in dem Vorschlag nicht spezifiziert, wie die Bedingung des Zweijahreszeitraums anzuwenden ist, sodass bei einer strengen Auslegung argumentiert werden könnte, dass Unternehmen als Briefkastenfirmen qualifizeren, wenn die „Gateways“ zu einem Zeitpunkt in den beiden vorangegangenen Jahren nicht erfüllt sind. Während ein Inkrafttreten ab dem 1. Januar 2024 bedeuten würde, dass potenzielle Abhilfemaßnahmen für Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, für den ersten Meldezeitraum zu spät kämen, könnte das verzögerte Inkrafttreten die Möglichkeit bieten, solche Maßnahmen rechtzeitig zu ergreifen.

Zu den weiteren Änderungsvorschlägen gehören geringfügige Änderungen der Schwellenwerte für die ersten beiden "Gateways" und eine willkommene Klarstellung bezüglich des dritten "Gateways":

  • Es wird vorgeschlagen, den Prozentsatz bezüglich der qualifizierten passiven Einkünften von 75% auf 80% zu erhöhen, und den Prozentsatz des beweglichen Vermögens (außer Aktien), das zu privaten Zwecken gehalten werden muss, von 60% auf 55% zu verringern, und den Prozentsatz der relevanten Einkünfte, die über grenzüberschreitende Transaktionen ausgeschüttet werden, von 60% auf 65% zu erhöhen.
  • Im Berichtsentwurf wird verdeutlicht, dass Outsourcing an ein verbundenes Unternehmen mit Sitz in derselben Rechtsordnung nicht erfasst wird.

Die folgenden vier weiteren Änderungsvorschläge sind ebenfalls erwähnenswert:

  • Die Liste der Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, soll um Unternehmen erweitert werden, die sich im Besitz von beaufsichtigten Finanzunternehmen befinden und deren Ziel das Halten von Vermögenswerten oder die Anlage von Geldern ist.
  • Es soll nach wie vor ausreichen, fünf eigene Vollzeitäquivalente (VZÄ) zu beschäftigen, die ausschließlich den Tätigkeiten nachgehen, mit denen die relevanten Einkünfte erzielt werden, um nicht als Briefkastenfirma zu gelten. Allerdings sollen diese 5 VZÄ in dem Land arbeiten müssen, in dem das Unternehmen steuerlich ansässig ist.
  • Die Mitgliedstaaten sollen keine geänderte Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit einer Briefkastenfirma ausstellen dürfen, während es zuvor hieß, dass eine solche Bescheinigung ausgestellt werden darf, allerdings mit dem Vorbehalt, dass sich das Unternehmen nicht darauf berufen kann, um Abkommensvorteile in Anspruch zu nehmen.
  • Die mögliche Geldstrafe für ein Unternehmen, das keine Meldung abgibt, soll von mindestens 5 % auf mindestens 2,5% des Umsatzes des Unternehmens gesenkt werden.

Selbstverständlich sind diese und die anderen Änderungsvorschläge noch reine Vorschläge. Bevor die Richtlinie tatsächlich verabschiedet wird, müssen noch einige Schritte erfolgen. Der Änderungsvorschlag weist noch einige, sogar grundlegende Mängel auf, aber die Ambitionen der Kommission und des EU-Parlaments zu diesem Thema werden immer deutlicher. Es liegt an den Steuerzahlern, die Verabschiedung der Richtlinie zu antizipieren, um zusätzlicher und aufwändige Meldepflichten zu vermeiden.

Rik Smet - Associate (rik.smet@tiberghien.com)

Markus Fort - Associate (markus.fort@tiberghien.com)

Jacob Huyzentruyt - Associate (jacob.huyzentruyt@tiberghien.com)