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Donnerstag, 24 Februar 2022

Umsatzsteuerbefreiungen für Logistikdienstleistungen und (See)Hafentätigkeiten: Vorsicht vor dem Umsatzsteuerbeamten!

Ein kürzlich veröffentlichtes Verwaltungsrundschreiben zur Umsetzung der EU-Umsatzsteuerrechtsprechung hat die Bedingungen für die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Waren aus der EU verschärft. Diese Entwicklung macht deutlich, dass die Anwendung von Umsatzsteuerbefreiungen für internationale Logistikdienstleistungen, wie Transport- und Lagerdienstleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Seeschiffen, Import-/Exportformalitäten und dergleichen, ein komplexes Thema ist. Es können verschiedene Steuerbefreiungen gelten, die jedoch alle an unterschiedliche Bedingungen geknüpft sind. Im Folgenden werden einige Fragen und Entwicklungen in Bezug auf die Anwendung dieser Steuerbefreiungen in der Praxis beleuchtet.

Die belgischen Umsatzsteuerbehörden haben vor kurzem in ihrem Rundschreiben 2021/C/96 erklärt, dass die Umsatzsteuerbefreiung für Dienstleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausfuhr von Waren in Länder außerhalb der EU stehen, nur dann angewandt werden kann, wenn diese Dienstleistungen unmittelbar an den Versender oder Empfänger der ausgeführten Waren erbracht werden. Diese Sichtweise, die auf der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache L.Č. IK (C-288/16) beruht, lehnt die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung für Dienstleistungen ab, die von Unterauftragnehmern von Transportunternehmen erbracht werden, die für den Versender/Empfänger tätig sind. Diese Änderung der belgischen Vorschriften sollte im Prinzip ab dem 1. Januar 2022 gelten. Aufgrund der Auswirkungen haben die Umsatzsteuerbehörden jedoch kürzlich beschlossen, die Anwendung der neuen Vorschriften auf den 1. April 2022 zu verschieben (Addendum Rundschreiben 2021/C/101 vom 27. Oktober 2021).

Obschon die Umsatzsteuer auf Dienstleistungen von Unterauftragnehmern im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Waren von Logistik- und Transportdienstleistern zurückgefordert werden kann, könnte dies die Kosten für die Vorfinanzierung der Umsatzsteuer erhöhen. Im Falle von Fehlern drohen den Logistik- und Transportdienstleistern Umsatzsteuerforderungen mit Bußgeldern (10 bis 20 %) und Verzugszinsen (0,8 % pro Monat).

Zweifelsohne muss die Anwendung von Umsatzsteuerbefreiungen für Logistik- und Transportdienstleistungen im Zusammenhang mit Import-/Exportgeschäften mit größter Aufmerksamkeit und Vorsicht begutachtet werden. In der Praxis haben wir festgestellt, dass solche Befreiungen von den Unternehmen oft zu leichtfertig angewendet werden. Hier können wir auf andere Umsatzsteuerbefreiungen für Logistikaktivitäten verweisen, bei denen die Bedingungen nicht immer so einfach anzuwenden sind:

  • Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr von Waren in die EU: Diese Steuerbefreiung gilt für Transport, Be-/Entladen, Verpackung, Zollformalitäten und andere Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr von Waren unter der Voraussetzung, dass der Wert dieser Dienstleistungen in die Steuerbemessungsgrundlage für die eingeführten Waren einbezogen wird. Diese Bedingung setzt voraus, dass der Wert dieser Dienstleistungen der Einfuhrumsatzsteuer unterliegt, die bei der Einfuhr der Waren anfällt. Logistikdienstleister, die diese Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen, sollten in der Lage sein, diese Bedingung bei einer Umsatzsteuerprüfung nachzuweisen (z. B. durch Vorlage von Einfuhrdokumenten).
  • Lagerungsdienstleistungen: Die belgische Umsatzsteuer sollte nicht anfallen, wenn der Kunde außerhalb Belgiens ansässig ist und sich die Lagerdienstleistungen nicht auf die Gewährung von "Exklusivrechten" an (einem Teil) des Lagers beschränken. Wenn sie der belgischen Umsatzsteuer dennoch unterliegen, können Umsatzsteuerbefreiungen gelten, (i) wenn es sich bei dem Lager um ein Zolllager oder ein Umsatzsteuerlager handelt oder (ii) wenn die Waren unter eine besondere Zollregelung fallen (z. B. vorübergehende Einfuhr) oder (iii) wenn die Waren für die Ausfuhr aus der EU bestimmt sind. Auch hier ist für die Anwendung einer Umsatzsteuerbefreiung der Nachweis erforderlich, dass die Bedingungen erfüllt sind (z. B. Verbindung mit der Ausfuhr oder einer besonderen Zollregelung).
  • Dienstleistungen im Zusammenhang mit Waren, die Umsatz- oder Zollsteuerlager/-regeln unterliegen: Für Dienstleistungen, die für Waren in einem Zoll- oder Umsatzsteuerlager oder im Rahmen eines besonderen Zollverfahrens wie der vorübergehenden Einfuhr, der aktiven Veredelung oder des Zolltransits erbracht werden, kann eine Umsatzsteuerbefreiung gewährt werden. Neben den Lagerdienstleistungen kann dies für bestimmte Logistikdienstleistungen gelten, z. B. für Transportdienstleistungen, das Be- und Entladen von Waren, Verpackungen, Einfuhr-/Ausfuhrformalitäten nach EU-Recht und bestimmte Veredelungsdienstleistungen, die im Rahmen des Zollverfahrens zulässig sind. In den belgischen Verwaltungsrichtlinien wird im Einzelnen erläutert, welche Dienstleistungen unter diese Befreiung fallen. Auch hier ist ein ausreichender Nachweis für die Anwendung der Befreiung erforderlich.
  • Dienstleistungen und Lieferungen für Seeschiffe: Vor einigen Jahren wurde die Anwendung dieser Umsatzsteuerbefreiung eingeschränkt, da die belgischen Leitlinien, um der Auffassung der Europäischen Kommission zu entsprechen, nun verlangen, dass das Schiff zu mindestens 70 % auf hoher See eingesetzt wird (Rundschreiben 2019/C/44).

In der EU-Rechtsprechung wurde überdies klargestellt, dass die Umsatzsteuerbefreiung für Seeschiffe im Gegensatz zu der oben genannten Umsatzsteuerbefreiung für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Waren auch auf Dienstleistungen von Unterauftragnehmern von Schiffbetreibern angewendet werden kann, wenn diese Dienstleistungen für den unmittelbaren Bedarf des Schiffes oder seiner Ladung erbracht werden (EuGH in A oy, C-33/16). Die letztgenannte Entscheidung betraf die Dienstleistungen des Be- und Entladens von Schiffen, bei denen es möglich ist, die Schiffe zu identifizieren, für die die Dienstleistungen erbracht werden, auch wenn diese Dienstleistungen von Unterauftragnehmern erbracht werden. Nach älterer Rechtsprechung wird die Umsatzsteuerbefreiung jedoch grundsätzlich nicht für die Lieferung von Gegenständen für die Betankung und Versorgung eines Schiffes durch einen Unterauftragnehmer gewährt (EuGH in Velker, C-185/89; jedoch neu bewertet für Kettenlieferungen in Fast Bunkering, C-526/13).

Wenn die Rechnung in einem grenzüberschreitenden B2B-Kontext ausgestellt wird, sollte die Anwendung einer Umsatzsteuerbefreiung nur dann relevant sein, wenn die Dienstleistungen für die Umsatzsteuer in Belgien zu orten sind. Ist dies der Fall, reicht die Angabe, dass die Tätigkeit mit (See)Hafentätigkeiten zusammenhängt, nicht aus, um eine Umsatzsteuerbefreiung anzuwenden. In der Praxis erfordert dies, dass der Steuerpflichtige, der eine Befreiung beantragt, ausreichende Nachweise und Unterlagen vorlegen kann. Nach der EU-Rechtsprechung (Cartrans, C-495/17) akzeptieren die belgischen Umsatzsteuerbehörden alle Arten von Unterlagen (Rechnungen, Auftragsdokumente, Verträge, Lagerunterlagen usw.). Unternehmen, die diese Umsatzsteuerbefreiungen in Anspruch nehmen, sollten über ausreichende interne Kontrollmechanismen verfügen, um sicherzustellen, dass im Falle einer Umsatzsteuerprüfung angemessene Nachweise verfügbar sind.

Das Tiberghien-Umsatzsteuerteam kann Sie bei der Prüfung dieser Prozesse unterstützen, um die korrekte Anwendung der Umsatzsteuer zu gewährleisten. Wenn Sie weitere Informationen wünschen, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren.

Stijn Vastmans - Partner (Stijn.Vastmans@tiberghien.com)

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