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Freitag, 03 Juni 2022

Richtlinienvorschlag: Freibetrag als Anreiz gegen eine Bevorzugung der Fremd- gegenüber der Eigenkapitalfinanzierung (DEBRA)

Am 11. Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag, der einen Freibetrag als Anreiz gegen eine Bevorzugung der Fremd- gegenüber der Eigenkapitalfinanzierung ("DEBRA") vorsieht. Diese Richtlinie ist Teil der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Unterstützung der Erholung Europas von der COVID-19-Pandemie. 

Derzeit erlauben die Steuersysteme in der EU den Abzug von Schuldzinsen bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer, während Kosten im Zusammenhang mit der Eigenkapitalfinanzierung, wie z. B. Dividenden, meist nicht steuerlich abzugsfähig sind. DEBRA zielt darauf ab, diese steuerlich bedingte Verzerrung zwischen Fremd- und Eigenkapital im gesamten Binnenmarkt zu beseitigen und langfristige Investitionen und eine Eigenkapitalfinanzierung im Unternehmenssektor zu fördern.

Der Richtlinienvorschlag enthält Vorschriften zur steuerlichen Abzugsfähigkeit fiktiver Zinsen auf Eigenkapitalerhöhungen und zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit überhöhter Fremdkapitalkosten. Diese Maßnahmen würden unabhängig voneinander gelten, aber die kombinierten Maßnahmen sollten dazu führen, dass Eigen- und Fremdfinanzierung steuerlich vergleichbarer behandelt werden.

Der Vorschlag enthält auch verschiedene Maßnahmen zur Verhinderung des Steuermissbrauchs durch den Freibetrag für Eigenkapitalfinanzierung.

I Anwendungsbereich

Der Vorschlag würde grundsätzlich für alle Unternehmen in der EU gelten, die in einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten körperschaftsteuerpflichtig sind, sowie für alle Betriebsstätten in der EU von Unternehmen, die steuerlich in einem Drittland ansässig sind.

DEBRA würde jedoch nicht für Finanzunternehmen gelten (insbesondere Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, AIF, AIFM, OGAW, Versicherungsunternehmen usw.).

II Freibetrag für Eigenkapital

Die erste von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Maßnahme ist ein Freibetrag auf das Eigenkapital, der wie folgt berechnet wird:

Freibetrag auf das Eigenkapital = Bemessungsgrundlage * fiktiver Zinssatz

  • Die Bemessungsgrundlage entspricht der Differenz zwischen dem Nettoeigenkapital am Ende des laufenden Steuerjahres und dem Nettoeigenkapital am Ende des vorangegangenen Steuerjahres.
  • Der fiktive Zinssatz entspricht einem risikofreien 10-Jahres-Zinssatz für die betreffende Währung, erhöht um eine Risikoprämie von 1 % (1,5 % für KMUs).

Das Nettoeigenkapital ist die Differenz zwischen dem Eigenkapital (d.h. eingezahltes Kapital, Agio, Rücklagen und Gewinn- bzw. Verlustvortrag) eines Steuerpflichtigen und der Summe des steuerlichen Wertes seiner Beteiligung am Kapital verbundener Unternehmen und seiner eigenen Anteile. Mit dieser spezifischen Definition soll eine Anhäufung des Freibetrags durch Beteiligungen verhindert werden.

Der Freibetrag für Eigenkapital wäre für Einkommenssteuerzwecke bis zu 30 % des EBITDA des Steuerpflichtigen in zehn aufeinanderfolgenden Steuerjahren abzugsfähig, und jeder Überschuss des verfügbaren Freibetrags für Eigenkapital könnte vom Steuerpflichtigen ohne zeitliche Begrenzung vorgetragen werden. Darüber hinaus könnte ein aufgrund der Begrenzung auf 30 % des EBITDA nicht verfügbarer Freibetrag für maximal fünf Steuerjahre vorgetragen werden.

  • Die Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung

Die im Vorschlag vorgesehenen Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung sollen sicherstellen, dass die Vorschriften über die Abzugsfähigkeit eines Freibetrags für Eigenkapital nicht für unbeabsichtigte Zwecke verwendet werden.

Folglich würden Erhöhungen des Eigenkapitals, die aus konzerninternen Darlehen, konzerninternen Übertragungen von Beteiligungen oder bestehenden Geschäftstätigkeiten und - unter bestimmten Bedingungen - aus Bareinlagen stammen, von der Berechnung der Netto-Eigenkapitalerhöhung ausgeschlossen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist hinreichend nach, dass die betreffende Transaktion aus triftigen wirtschaftlichen Gründen erfolgt ist und nicht zu einem doppelten Abzug des Freibetrags für Eigenkapital führt.

Eigenkapitalerhöhungen, die sich aus einer Sacheinlage ergeben, würden ebenfalls genau überwacht werden, um sicherzustellen, dass die Bewertungen korrekt ermittelt wurden und dass die betreffenden Vermögenswerte für die Ausübung der einkommensschaffenden Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich sind.

Ist die Erhöhung des Eigenkapitals das Ergebnis einer Umstrukturierung eines Konzerns, wird sie nur dann berücksichtigt, wenn sie nicht dazu führt, dass das bereits vor der Umstrukturierung vorhandene Eigenkapital des Konzerns in neues Eigenkapital umgewandelt wird.

III Beschränkung des Zinsabzugs

Auf der Schuldseite würde DEBRA auch eine neue Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsen einführen. Die Abzugsfähigkeit von Zinsen wäre auf 85 % der übersteigenden Fremdkapitalkosten (d. h. Zinsaufwendungen abzüglich Zinserträge) begrenzt und würde parallel zu den im Rahmen der Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung ("ATAD") eingeführten Zinsbegrenzungsvorschriften angewandt.

Auf der Grundlage dieser neuen Begrenzung wäre ein Steuerzahler nur berechtigt, den niedrigeren der folgenden Werte abzuziehen:

  • 85 % der übersteigenden Fremdkapitalkosten; und
  • Übersteigende Fremdkapitalkosten, die nach den ATAD-Vorschriften abzugsfähig sind.

Der Steuerpflichtige ist berechtigt, die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen gemäß den ATAD-Beschränkungsregeln vor- oder zurückzuübertragen.

IV Inkrafttreten

Für die Annahme des Vorschlags ist die Einstimmigkeit der 27 EU-Mitgliedstaaten erforderlich. Nach der Annahme müssen die Mitgliedstaaten diese neuen Vorschriften bis zum 31. Dezember 2023 in nationales Recht umsetzen, damit sie am 1. Januar 2024 in Kraft treten können.

Sechs Mitgliedstaaten (Belgien, Zypern, Italien, Malta, Polen und Portugal) sehen in ihrem nationalen Recht bereits einen Freibetrag für Eigenkapital vor. Diese Regelungen müssten umgestaltet werden, um DEBRA gerecht zu werden, sollte der Vorschlag angenommen werden.

Michiel Boeren - Partner (michiel.boeren@tiberghien.com)

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