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Mittwoch, 14 Februar 2024

(Anteilseigner von) Unternehmensgruppen: Vorsicht vor den neuen belgischen CFC- und Kaiman-Steuervorschriften!

Gerd D. Goyvaerts

Gerd D. Goyvaerts

Partner
Brussels, Antwerp
Markus Fort

Markus Fort

Senior Associate
Brussels

Der belgische Gesetzgeber hat am 22. Dezember 2023 neue Rechtsvorschriften erlassen, die zwei Regelwerke erheblich ändern: (i) die CFC-Steuervorschriften ("Controlled Foreign Corporation rules"), die für belgische Körperschaftssteuerzahler gelten, und (ii) die Kaiman-Steuervorschriften, die für in Belgien ansässige natürliche Personen (und juristische Personen, die der Besteuerung von juristischen Personen unterliegen) gelten.

Beide Änderungen könnten die Befolgung der Vorschriften und die Steuerlast für international tätige Unternehmensgruppen mit einer belgischen Holdingpräsenz und/oder für belgische Privataktionäre von international tätigen Unternehmensgruppen drastisch erhöhen.

Bitte beachten Sie, dass die neuen CFC-Steuervorschriften bereits in Kraft getreten sind und ab dem Veranlagungsjahr 2024 gelten (Geschäftsjahre, die am oder nach dem 31. Dezember 2023 enden). Die neuen Kaiman-Steuervorschriften gelten zudem ab dem 1. Januar 2024, sodass sie Strukturen treffen können, die bereits jetzt innerhalb der Gruppe bestehen.

Wir empfehlen daher, nicht zu zögern und zu prüfen, ob das Risiko der Anwendung dieser komplexen Vorschriften in Ihrem Fall besteht.

 

CFC-Steuervorschriften

Zusammengefasst sollen die CFC-Vorschriften dazu dienen, nicht ausgeschüttete Gewinne bestimmter qualifizierter ausländischer Unternehmen ("Controlled Foreign Corporations" oder „CFCs“) in die Steuerbemessungsgrundlage belgischer Körperschaftssteuerzahler einzubeziehen.

Obwohl Belgien seit der ATAD-Umsetzung im Jahr 2017 bereits über CFC-Vorschriften verfügte (anwendbar ab 2019), war der Anwendungsbereich dieser Bestimmungen begrenzt. Infolgedessen wurden diese nur selten angewandt. Der Gesetzgeber hat das System nun vollständig geändert und damit die Auswirkungen auf internationale Unternehmensgruppen erheblich verstärkt.

Wichtig ist, dass alle Unternehmensgruppen mit internationaler Präsenz analysieren müssen, ob ihre belgischen Unternehmen an ausländischen Tochtergesellschaften beteiligt sind, die als "potenzielle CFCs" gelten, oder ob sie (oder diese ausländischen Tochtergesellschaften) über ausländische Betriebsstätten verfügen, die als solche zu qualifizieren sind. Dies ist der Fall, wenn die folgenden 2 Kriterien erfüllt sind:

  1. Bei ausländischen Tochtergesellschaften (und deren Betriebsstätten) muss das belgische . Unternehmen entweder direkt oder "zusammen mit" verbundenen Unternehmen oder Personen eine Beteiligung von mindestens 50 % am Kapital, an den Stimmrechten oder am Gewinn der ausländischen Gesellschaft halten.

Es ist nicht ganz klar, ob das belgische Unternehmen eine direkte Beteiligung an der Tochtergesellschaft halten muss oder ob eine indirekte 50%ige Beteiligung über die Unternehmensgruppe ausreicht (d.h. über verbundene Unternehmen/Personen, ohne direkt eine Beteiligung zu halten). Wenn die Steuerbehörden den letztgenannten Ansatz wählen, muss die gesamte Gruppe (einschließlich der Unter-, Unter-, Unter-...tochtergesellschaften,...) überprüft werden. Für manche Unternehmensgruppen ist dies eine Herkulesaufgabe.

  1. Die ausländische Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft (oder eine ausländische Betriebsstätte dieser Tochtergesellschaft) unterliegt nicht der Einkommenssteuer oder einer Einkommenssteuer, die weniger als die Hälfte des Steuerbetrags beträgt, der gezahlt worden wäre, wenn die Betriebsstätte/Tochtergesellschaft in Belgien ansässig wäre.

Das Land, in dem die potenzielle CFC ansässig ist, spielt keine Rolle, da sowohl in der EU als auch außerhalb der EU ansässige Betriebsstätten/Tochtergesellschaften auf der Basis ihrer effektiven Steuerlast eine CFC sein können. Um zu analysieren, ob eine Betriebsstätte/Tochtergesellschaft auf der Basis des Besteuerungskriteriums ("weniger als die Hälfte der belgischen Steuer") eine CFC ist, muss die Steuerbemessungsgrundlage der ausländischen Betriebsstätte/Tochtergesellschaft jährlich gemäß den belgischen Rechnungslegungs- und Körperschaftssteuerbestimmungen neu berechnet werden. Dies ist natürlich eine sehr aufwändige Berechnung, insbesondere wenn auch indirekte Beteiligungen überprüft werden müssen (siehe oben). Geringfügige Unterschiede zwischen den Steuersystemen könnten die Anwendung der CFC-Vorschriften auslösen (z.B. etwas günstigere Beteiligungsfreistellungsregeln, unterschiedliche Abschreibungsregelungen, bestimmte Steuergutschriften, ...).

Wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, wird die ausländische Betriebsstätte/Tochtergesellschaft als CFC eingestuft. Das belgische Unternehmen ist dann verpflichtet, die Existenz der CFC ausnahmslos in der Körperschaftsteuererklärung offenzulegen.

Darüber hinaus ergeben sich hierdurch womöglich steuerliche Auswirkungen (es sei denn, es gilt eine Ausnahme von diesen steuerlichen Auswirkungen): Die nicht ausgeschütteten passiven Einkünfte der direkt gehaltenen CFCs können unter gewissen Bedingungen der belgischen Gesellschaft zugerechnet und in die belgische Steuerbemessungsgrundlage einbezogen werden. Passives Einkommen ist sehr weit definiert. Es umfasst nicht nur Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren, Kapitalgewinne aus Aktien und anderen Wertpapieren, sondern auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Finanztätigkeiten und Einkünfte aus Beschaffungsunternehmen. Das belgische Unternehmen könnte also auf Einkünfte besteuert werden, die es noch nicht erhalten hat ("trockene Besteuerung"). Es gibt allerdings einige Regeln, um das Risiko der Doppelbesteuerung zu mindern (z. B. eine ausländische Steuergutschrift und die Anwendung der Beteiligungsfreistellung bei einer späteren Umverteilung durch die CFC oder deren Verkauf).

Bestimmte CFCs sind überdies von den steuerlichen Auswirkungen ausgenommen: (i) bestimmte Finanzunternehmen, (ii) CFCs, deren passives Einkommen weniger als 1/3 ihres Gesamteinkommens ausmacht, und (iii) CFCs mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit ("Substanz"). Diese Ausnahmen müssen ausdrücklich in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Der Ausschluss der wirtschaftlichen Substanz muss durch Personal, Ausrüstung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten belegt werden. Darüber hinaus scheint nur "das Anbieten von Dienstleistungen oder Gütern" als wirtschaftliche Tätigkeit zu gelten (die möglicherweise auf Konzernebene zu beurteilen ist). Dies könnte eine zu enge Auslegung des Begriffs "wirtschaftliche Tätigkeit" sein.

Fazit: Selbst wenn es keine steuerlichen Auswirkungen gibt, z.B. weil die ausländische Tochtergesellschaft über ausreichende wirtschaftliche Substanz verfügt, ist eine Meldung der CFC in der Körperschaftsteuererklärung des belgischen Unternehmens erforderlich. Daher sollte jährlich geprüft werden, ob belgische Unternehmen von Unternehmensgruppen an CFCs beteiligt sind. Diese Überprüfung erfordert eine aufwändige Neuberechnung der Steuerbemessungsgrundlage ausländischer Gesellschaften und Betriebsstätten gemäß den belgischen Vorschriften und diese Analyse muss bereits in der Steuererklärung für das Veranlagungsjahr 2024 (Geschäftsjahre, die am oder nach dem 31. Dezember 2023 enden) vorgenommen werden!

Kaiman-Steuervorschriften

Für in Belgien ansässige Privataktionäre einer nicht börsennotierten Unternehmensgruppe kann die Situation sogar noch schlimmer sein.

Die belgischen Kaiman-Steuervorschriften traten 2015 in Kraft und zielen darauf ab, niedrig besteuerte Körperschaften oder Konstruktionen zu "durchschauen" und die belgischen Privatpersonen direkt auf die Einkünfte dieser Körperschaften oder Konstruktionen (sogenannte "Rechtskonstruktionen") zu besteuern.

Ausländische Körperschaften und Konstruktionen fallen grundsätzlich in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften, wenn sie entweder nicht der Einkommensteuer unterliegen oder einer Einkommensteuer unterliegen, die niedriger ist als 15 % (wenn sie außerhalb des EWR ansässig sind) oder 1 % (wenn sie innerhalb des EWR ansässig sind) des nach den belgischen Steuervorschriften berechneten steuerpflichtigen Einkommens. Auch hier ist eine aufwändige jährliche Neuberechnung der Steuerbemessungsgrundlage erforderlich. Trotz des Namens treffen diese Regeln nicht nur exotische Strukturen in Steuerparadiesen wie den Kaimaninseln. Auch europäische (oder andere) Unternehmen, für die (etwas) günstigere Körperschaftsteuervorschriften als die belgischen gelten, können davon betroffen sein! Es muss eine ähnliche Analyse wie bei den CFC-Vorschriften durchgeführt werden.

Das Gesetz vom 22. Dezember 2023 hatte erhebliche Auswirkungen auf den Anwendungsbereich dieser Kaiman-Steuervorschriften , wie in einem früheren Newsletter beschrieben. Zuvor galten die Kaiman-Steuervorschriften nur, wenn eine belgische Privatperson direkt Anteile an einer niedrig besteuerten Gesellschaft oder Konstruktion hielt. Ab 2024 gelten die Kaiman-Steuerschriften jedoch ebenfalls für  jede niedrig besteuerte Gesellschaft oder Konstruktion, die indirekt von einer Privatperson gehalten wird, unabhängig von ihrem Beteiligungsprozentsatz und selbst wenn sie indirekt über normal besteuerte (belgische oder ausländische) zwischengeschaltete Gesellschaften oder Konstruktionen gehalten wird. Das bedeutet, dass die Kaimansteuer zum Beispiel anfallen kann, wenn eine Privatperson eine Minderheitsbeteiligung an einer normal besteuerten (belgischen oder ausländischen) Top-Holding einer nicht börsennotieren Unternehmensgruppe hält und die Gruppe irgendwo in der Unternehmenskette eine Beteiligung an einer niedrig besteuerten Entität hält.

Die Kaiman-Vorschriften könnten überdies mit den CFC-Vorschriften kollidieren, z. B. wenn die Unternehmensgruppe auch belgische Holdinggesellschaften umfasst und diese belgische Gesellschaft Anteile an einer CFC hält, die auch als niedrig besteuertes kaimanisches Steuersubjekt gilt ("Rechtskonstruktion"). Obwohl eine spezifische Bestimmung zu viele Überschneidungen zwischen diesen beiden Regeln vermeiden sollte, könnte es in verschiedenen Situationen immer noch zu einer doppelten Anwendung kommen.

Die neuen Vorschriften bedeuten auch, dass ein Privataktionär die Steuerbemessungsgrundlage aller ausländischen Gesellschaften und Konstruktionen der Unternehmensgruppe jährlich neu berechnen muss, um zu wissen, ob eine von ihnen als "niedrig besteuerte Einheit" gilt (siehe 1 %- oder 15 %-Test oben). Es versteht sich von selbst, dass dies mühsam ist und ein großes Informationsdefizit entstehen kann. Nur wenn das zwischengeschaltete Unternehmen börsennotiert oder eine qualifizierte Fondsstruktur ist ("Blocker"), müssen die zugrunde liegenden Unternehmen nicht analysiert werden.

Wenn irgendwo in der Beteiligungskette eine niedrig besteuerte Gesellschaft oder Konstruktion identifiziert werden kann, hat dies folgende Konsequenzen:

Ihre Existenz muss in der persönlichen Einkommenssteuererklärung des belgischen Privatanlegers offengelegt werden.

Der Veranlagungszeitraum (und damit der Prüfungszeitraum) für die Steuererklärung verlängert sich auf 10 Jahre.

Darüber hinaus können die Einkünfte der niedrig besteuerten Gesellschaft oder Konstruktion bei dem belgischen Anteilseigner grundsätzlich direkt besteuert werden, als ob er diese Einkünfte direkt erwirtschaftet hätte ("look-through taxation"). Eine belgische Privatperson kann daher aufgrund der Einkünfte eines niedrig besteuerten Unternehmens irgendwo in der Unternehmensgruppe steuerpflichtig sein, auch wenn diese Einkünfte nicht tatsächlich an die Person ausgeschüttet werden und diese nicht direkt Anteile an dem Unternehmen hält. Es gibt einige unzureichende Vorschriften, um die Doppelbesteuerung abzumildern, wenn die Einkünfte später nach oben fließen. Die Auswirkungen dieser Vorschriften sind nach wie vor höchst ungewiss.

Die Durchschaubesteuerung findet jedoch keine Anwendung, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass die Entität wirtschaftliche Substanz hat. Wie bei den CFC-Vorschriften scheinen das Gesetz und seine vorbereitenden Arbeiten diesen Begriff recht streng auszulegen. Dieser "Substanzausschluss" sollte auch in der persönlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

Fazit: Selbst wenn es keine unmittelbaren steuerlichen Auswirkungen gibt, z.B. weil der "Substanzausschluss" gilt, muss der belgische Privataktionär in seiner Steuererklärung dennoch die Existenz von niedrig besteuerten kaimanischen Entitäten irgendwo in der Unternehmensgruppe angeben. Dies bedeutet, dass natürliche Personen jährlich prüfen müssen, ob sie Anteile an Unternehmensgruppen halten, die niedrig besteuerte Unternehmen "enthalten".

Falls Sie wünschen, dass wir die Auswirkungen obenstehender neuer Steuervorschriften für Sie analysieren, können Sie uns selbstverständlich jederzeit gerne kontaktieren.

 
Gerd D. Goyvaerts

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