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Mittwoch, 15 Juni 2022

Ende der Covid-Sonderregeln für Grenzgänger am 30. Juni 2022

Aufgrund der Covid-Pandemie mussten viele Arbeitnehmer, die früher im Ausland gearbeitet haben, von zu Hause aus arbeiten.

Um die Auswirkungen der Heimarbeit im Bereich des Steuer- und  Sozialversicherungsrechts abzumildern, haben Belgien und Luxemburg  sogenannte Covid-Abkommen mit ihren Nachbarländern geschloßen.

Kurz zusammengefasst, wurde mit diesen Abkommen eine Steuerfiktion eingeführt, nach der Heimarbeitstage von Arbeitnehmern als in dem Land verbracht gelten, in dem sie ohne die Covid-Maßnahmen gearbeitet hätten. Eine vergleichbare Sonderregel wird auf EU-Ebene im Bereich der Sozialen Sicherheit angewandt.

Nach mehreren Anpassungen in den letzten zwei Jahren der Pandemie laufen diese Covid-Abkommen am 30. Juni 2022 aus.

Zurück zu den normalen Regeln!

1. Besteuerung

Ab dem 1. Juli 2022 gelten wieder die früheren "normalen" Regeln, wie sie in den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen sind.

Demnach werden Grenzgänger im Allgemeinen im Land der Beschäftigung besteuert (sofern alle anderen Bedingungen erfüllt sind) und sind somit in ihrem Wohnsitzland von der Steuer befreit (oder erhalten eine Steuergutschrift), es sei denn, sie arbeiten in einem anderen Land als das Land der Beschäftigung. In diesem Fall ist das Arbeitseinkommen im Allgemeinen im Wohnsitzland des Arbeitnehmers zu versteuern.

Als Ausnahme von der oben genannten allgemeinen Regel ist anzumerken, dass Luxemburg spezielle Abkommen mit Belgien, Frankreich und Deutschland geschlossen hat. Nach diesen Abkommen wird Grenzgängern, die von zu Hause aus arbeiten (oder im Ausland, z. B. während einer Geschäftsreise), eine gewisse Toleranz eingeräumt, die es ihnen erlaubt, aus der Ferne zu arbeiten. Die Anzahl der Tage pro Jahr hängt vom Wohnsitzland und dem geltenden Doppelbesteuerungsabkommen ab.

Die Schwellenwerte sind derzeit wie folgt festgelegt:

Wohnsitzland*

Anzahl der zulässigen Tage für Telearbeit

Belgien

34

Frankreich

29

Deutschland

19

* Arbeitsland Luxemburg

Wird der Schwellenwert überschritten, gilt die Toleranz nicht mehr, und das Wohnsitzland ist berechtigt, das gesamte Arbeitseinkommen zu besteuern (einschließlich der Tage, die innerhalb der genannten Grenze liegen).

Für das Jahr 2022 müssen die oben genannten Schwellenwerte grundsätzlich nicht anteilig berechnet werden, so dass für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember die volle Anzahl von Tagen gilt.

2. Soziale Sicherheit

Arbeitet eine Person in zwei oder mehr Ländern (innerhalb des EWR oder der Schweiz), so ist in der Regel das Sozialversicherungsrecht des Landes anwendbar, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, es sei denn, der Arbeitnehmer übt einen wesentlichen Teil (25 %) seiner Tätigkeit in seinem Wohnsitzstaat aus.

Was bedeutet dies?

Nach dem Auslaufen der Covid-Abkommen kann die Arbeit von zu Hause aus zu Änderungen der geltenden Steuer- oder Sozialversicherungsregeln führen.

Selbst wenn keine steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Folgen vorliegen, bringt regelmäßige Telearbeit besondere Pflichten für den Arbeitgeber mit sich, z. B. die Einhaltung bestimmter lokaler arbeitsrechtlicher Vorschriften und die Mitteilung an Behörden oder bestimmte Einrichtungen. Körperschaftssteuerliche Aspekte sollten ebenfalls vom Arbeitgeber berücksichtigt werden.

Auch wenn Telearbeit während der Pandemie zur Norm geworden ist und wahrscheinlich in vielen Unternehmen eine weit verbreitete Praxis bleiben wird, scheint die Umsetzung von Telearbeitsrichtlinien und die Überwachung der physischen Anwesenheit der Arbeitnehmer wichtiger denn je zu sein.

Wie sieht die Zukunft aus?

Nach bedeutenden Veränderungen der Arbeitsgewohnheiten, kann die Rückkehr zur alten Praxis Unzufriedenheit erzeugen. Einige Länder scheinen sich dessen bewusst zu sein.

1. Belgien

In einem kürzlich verabschiedeten Beschluss hat Belgien erklärt, dass es mit seinen Nachbarländern ins Gespräch kommen will, um eine strukturelle Lösung für die Telearbeit von Grenzgängern zu finden. In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, die Anzahl der Tage, an denen eine Person außerhalb des Landes, in dem sie beschäftigt ist, arbeiten kann, auf 48 Tage zu erhöhen, was etwa einem Tag pro Woche entspricht. Darüber hinaus ist vorgesehen, eine Definition von Telearbeit in das OECD-Musterabkommen aufzunehmen.

Belgien möchte auch zusätzliche Toleranzen bei den geltenden Sozialversicherungsvorschriften für Telearbeiter auf EU-Ebene einführen.

2. Frankreich

Ein zwischenstaatlicher Ausschuss vom 19. Oktober 2021 hat die Bereitschaft Frankreichs und Luxemburgs signalisiert, die Toleranz für Telearbeitstage auf 34 Tage pro Jahr zu erhöhen. Dies wurde jedoch noch nicht in das Doppelbesteuerungsabkommen aufgenommen. Kürzlich, am 9. März 2022, stimmte die französische Nationalversammlung über einen Beschluss ab, der darauf abzielt, die Anzahl der Tage, an denen Grenzgänger ohne Konsequenzen von zu Hause aus arbeiten können, zu erhöhen und einen europäischen Denkprozess über den Status von Grenzgängern durchzuführen. Dieser Beschluss zielt darauf ab, die Steuerabkommen und das Sozialversicherungssystem zu ändern, um 2 Tage Telearbeit pro Woche für alle an Frankreich angrenzenden Länder einzuführen.

3. Deutschland

Im Dezember 2021 wurde auf Initiative des Deutschen Bundestages eine Petition gestartet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, Verhandlungen mit Luxemburg aufzunehmen, um die derzeitige Toleranz von 19 Tagen auf 55 Arbeitstage für Grenzgänger zu erhöhen. Außerdem wird gefordert, dass die gleiche Toleranz für die Sozialversicherung gilt.

Es kann einige Zeit dauern, bis diese Anpassungen vereinbart und umgesetzt sind. Wir beobachten diese Entwicklungen und werden Sie entsprechend informieren.

Bei Fragen zu dieser Veröffentlichung wenden Sie sich bitte an den/die Autor(en) oder an den Berater Ihres Vertrauens bei Tiberghien.

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